48. Kirgisistan

Auf der kirgisischen Seite wollen wir uns für den Eintrittsstempel hinten anstellen, werden aber überraschenderweise von den Einheimischen nach vorne gewinkt. Der Zollbeamte schaut kurz in eine unserer Taschen und lässt uns dann ziehen.

Im Hostel treffen wir einen Radreisenden aus England der auf dem Weg nach Almaty ist. Er empfiehlt uns die Route durch die kirgisischen Berge anstatt der kürzeren, flacheren Route welche wir ursprünglich geplant hatten. Es braucht nicht viel Überzeugungskraft und schon sind unsere Pläne geändert. Da die Wettervorhersage für die nächsten Tage schön und warm ist, radeln wir nach einem kurzen Aufenthalt in Bischkek schon wieder weiter.

Die Ausfahrt aus Bischkek ist viel verkehrsreicher als erwartet. Wir durchfahren einen grossen, teils regen Markt entlang der Strasse auf dem alles Mögliche feil geboten wird. Nach Stadtausgang wird der Verkehr weniger chaotisch und wir haben einen Pannenstreifen für uns auf dem wir durchs kleine Stück Flachland radeln. Nach ein paar Kilometern biegen wir Richtung Süden und somit Richtung Berge ab. Durch schöne Täler vorbei an Pferden und Schafen schlängeln wir uns den Berg hoch.

Erschöpft von den 2’400 Höhenmetern erreichen wir einen Tunnel, welcher etwas unterhalb der Passhöhe durchgeht. Während wir wärmere Kleider anziehen, da es hier oben Schnee hat, kommt ein Beamter und erklärt uns, dass wir nicht mit den Rädern durch den Tunnel fahren können, da es zu gefährlich sei. Freundlich hilft er uns einen Lastwagen zu stoppen, welcher unsere Fahrräder auf die Ladefläche packen kann. Bis wir auf der anderen Seite alles wieder auf die Fahrräder gepackt haben, ist es schon dunkel aber auf 3’200 Metern ist es uns zu kalt zum zelten. So düsen wir die 1’000 Meter runter zum tiefsten Punkt der Hochebene und schlagen an einem kleinen Bach unser Zelt auf.

Während wir bei Sonnenaufgang Wasser schmelzen, geniessen wir das Bergpanorama und schauen den Pferden neben unserem Zelt beim grasen zu.

Durch die wunderschöne Hochebene geht es aufwärts zum nächsten Pass. Im Sommer leben vermutlich einige Leute in Bauwagen und Jurten hier oben, aber jetzt wirkt alles verlassen. Gegen Abend sind wir beim nächsten Pass auf knapp 3’200 Metern. Während wir uns für die Abfahrt einkleiden, hält ein Auto und wir werden mit Äpfeln beschenkt. Dick eingepackt sausen wir die Abfahrt runter. Eigentlich würden wir gerne zelten, aber bis wir auf einer Höhe mit angenehmeren Temperaturen sind, ist es schon dunkel und wir finden keinen geeigneten Platz im Flusstal. Auch Hotels finden wir keine und so fahren wir immer weiter bis wir nach 133 Kilometern und 1’400 Höhenmetern um 23 Uhr in Toktogul ankommen. Erschöpft fallen wir ins Bett der Unterkunft, schlafen aus und machen einen faulen Pausentag.

Erholt fahren wir um den See herum und es geht deutlich mehr hoch und runter als erwartet. Nach 70 Kilometern und einigen Höhenmetern, sind wir Luftlinie gerade mal 7 Kilometer von unserem Ausgangspunkt entfernt. Da wir keinen geeigneten Platz für unser Zelt finden und für die Nacht und den kommenden Morgen Regen angesagt ist, entscheiden wir uns fürs Hotel. Die Rezeption ist jedoch geschlossen und niemand in Sicht, aber von weiter hinten dröhnt laute Musik rüber. Also gehen wir schauen ob sich jemand vom Hotel dort befindet und treffen auf eine tanzende Hochzeitsgesellschaft. Der Hotelbesitzer ist auch da und wir werden sofort mit Getränken und Essen bedient. Eine Frau der Hochzeitsgesellschaft teilt uns mit, dass sie noch woanders weiterfeiern werden, wir uns aber am Essen bedienen sollten, es sei alles lecker. Der Hotelbesitzer, ein Meister der Pantomime, und wir bleiben mit einem Tisch voll Essen und einigen Getränken zurück. Er freut sich über die Gesellschaft und stösst gerne mit uns an. Wodka solle man nicht zu viel trinken signalisiert er, aber der kirgisische Wein ist lecker, wenn auch sehr süss.

Leider kein Foto des Pantomimen- Meisters

Das Hotel hatte während der Sowjetunion vermutlich seine Blütezeiten und wirkt nicht mehr ganz zeitgemäss. Aber der nette Besitzer dreht uns im Zimmer die Heizung kräftig auf und stellt sicher, dass wir warmes Wasser haben. Er selbst bewohnt auch ein Zimmer im Hotel.

Der Wetterbericht hatte recht und am Morgen sehen wir aus dem Fenster dem Regen zu. Als er etwas nachlässt, fahren wir einen kleineren Pass hoch – leider mit Gegenwind. Als wir oben im Windschatten eines kleinen Hauses den Tee aus unserer Thermosflasche trinken wollen, werden wir vom Mann der dort haust hereingewunken. Er tischt uns Brot, Butter, leckeren Salat und Tee auf. Offensichtlich hat er nicht sehr viel und bietet uns doch grosszügig davon an. Zum Abschied schenkt er uns auch noch Schoko-Bonbons! Wir wissen nicht, wie wir ihm danken können und bieten ihm verlegen unser Snickers an. Anfangs lehnt er ab, aber dann nimmt er es doch mit einem strahlenden Gesicht.

Als wir wieder losfahren wollen, knallt es gerade auf der Strasse. Ein kleiner Lieferwagen und ein Personenwagen sind kollidiert. Es ist nicht der erste Unfall den wir in Kirgisistan sehen und wenn man die Autos anschaut, hat vermutlich auch mindestens jedes 3. keine Stossstange mehr und sonstige Schäden. Irgendwo lesen wir, dass man für 100$ den Führerschein kriegt – entweder mit Unterricht und Prüfung oder auch einfach fürs Papier. Glücklicherweise ist es diesmal nur Blechschaden und so strampeln wir im Gegenwind den Berg runter. Weiter unten sehen wir gleich noch einen Lastwagen im Flussbett liegen.

Weiter geht es mit viel auf und ab durch ein wunderschönes Flusstal. Als wir gegen Abend anhalten und überlegen ob wir irgendwo im versteckten unser Zelt aufstellen können, hält ein Auto neben uns. Der Fahrer fragt was wir machen und wo wir hinwollen. Wir sagen ihm den Namen der nächsten Ortschaft und er offeriert sofort, dass er uns da ein Essen bezahlen will. Wir sollen zum Restaurant auf der rechten Seite vor der Brücke fahren und seinen Namen – Timur – sagen, dann werde uns Fisch serviert. Wir schaffen es nicht, sein gastfreundliches Angebot auszuschlagen und schwingen uns auf die Räder. Beim Eindunkeln erreichen wir das Restaurant und tatsächlich war Timur hier und hat eine Bestellung für uns aufgegeben – und bezahlt. Wir kriegen eine riesige Platte mit Fisch, Zwiebeln und Brot serviert. Dazu wärmenden Tee.

Nachdem wir in Kirgisistan im Schnitt nun jeden Tag über 1‘000 Höhenmeter gefahren sind, freuen wir uns auf einen flacheren Tag. Wir peilen einen Grenzübergang nach Usbekistan an, welcher nur für Fussgänger (und Radfahrer) offen ist. Zum Abschluss werden wir aber nochmals von der kirgisischen Gastfreundschaft überzeugt, indem ein junger Herr uns zu Kaffee und Donut am Strassenrand einlädt.

Nach der Abzweigung zum Grenzübergang rollen wir in einen kleinen Grenzort und die Leute fragen neugierig, wo wir hin wollen. Wir sagen Usbekistan, aber nicht alle sind sich sicher ob wir diesen Grenzübergang benutzen dürfen. Wir lassen uns nicht beirren und schliesslich stehen wir auf einem kleinen Platz vor einem Gitter und Tor. Es herrscht reges Treiben – Fussgänger kaufen noch ein letztes kirgisisches Irgendwas und man will Geld wechseln. Da wir inzwischen doch leicht verunsichert sind, ob wir hier überhaupt die Grenze passieren können, achten wir uns nicht gross darauf, sondern sind froh als uns der Beamte mit wenig Fragen durchwinkt.

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  1. Heute ist COP28 in Dubai geendet https://www.theguardian.com/environment/2023/dec/13/cop28-landmark-deal-agreed-to-transition-away-from-fossil-fuels Habe gespürt nach die nächste in Baku radieren zu können https://twitter.com/ALagaaij/status/1734956331000291830
    Wie machen Sie es mit den Bergen hinauf?

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