51. Wieder in Kasachstan

In Kasachstan geht die Fahrt durch die Wüste weiter. Der Wind lässt nicht nach, aber immerhin hat es zur Abwechslung viele Kamele und Dromedare entlang des Weges.

Nach einer eisigen, aber sonnigen Fahrt erreichen wir Beyneu – die grösste Ortschaft der Gegend und Kreuzung der Strasse nach Norden und Richtung Westen zum Kaspischen Meer. Bereits in Almaty hatten wir Kontakt mit der Botschaft von Aserbaidschan aufgenommen, um eine Sondergenehmigung für die Einreise per Fähre zu erhalten. Auf unsere Nachfrage als wir in Tadschikistan waren, konnten sie uns leider noch keinen Bescheid geben. So kontaktieren wir die aserbaidschanische Botschaft nochmals um nachzufragen ob es Neuigkeiten bezüglich einer Sondergenehmigung gebe – leider nein, aber ziemlich sicher gebe es keine Sondergenehmigung. Also erholen wir uns im geheizten Hotelzimmer und wagen uns nur zum Essen und einkaufen in den eisigen Wind (Böen über 60 km/h) und an die Kälte (bis zu -20 Grad Celsius).

Wüstenstadt im Winter

Die einzig verbleibende Option ohne zu fliegen ist für uns den Weg durch Russland nach Georgien zu nehmen. So heisst es weiter in den Norden fahren. Noch mehr Wüste und Kälte, die Temperaturen bewegen sich immer noch im Minusbereich und kommen maximal auf -5 Grad Celsius. Leider sind nicht alle Restaurants, die auf unseren Karten eingezeichnet sind, geöffnet und so heisst es einfach fahren um warm zu bleiben. Unterkünfte/truck stops finden wir jeden Abend um uns aufzuwärmen und flüssiges Wasser und heissen Tee zu trinken. Von aussen sehen die Gaststuben meistens abweisender aus, als sie drinnen tatsächlich sind. So finden wir ein gemütliches Restaurant und bestellen das lokale „Plov“ (Reis Pilaf) mit Salat und Tee. Als wir bezahlen wollen, reagiert der Kellner erst nicht und bringt uns dann zwei Snickers. Wir denken, es handelt sich um ein Missverständnis, aber er macht uns klar, dass wir eingeladen sind und er uns zusätzlich noch Snickers mit auf den Weg gibt. Allgemein sind die Leute hier teilweise eher forsch und lächeln wenig, aber gleichzeitig hilfsbereit und gastfreundlich – so darf Patricia etwa ihr Gepäck häufig nicht selbst tragen, sondern die Lastwagenfahrer bestehen darauf das zu übernehmen – auch wenn sie sich dabei mürrisch beschweren, dass wir zu viel Gepäck haben. Oder als Christof im Supermarkt die Einkäufe einpackt wird er von einer eher grimmig dreinblickenden älteren Frau angesprochen. Immer noch mit einem grimmigen Gesicht streckt sie ihm 1000 Tenge (ca. 2 CHF) hin, reckt ihre Faust in die Luft sagt und „let‘s go“. Als der immer noch etwas verdatterte Christof bezahlen will, erlässt die Verkäuferin noch einmal über 1000 Tenge.

Nach einem langen Tag auf dem Fahrrad erreichen wir den Ort Dossor. Das bei uns eingezeichnete Hotel ist leider geschlossen, aber der Nachbar zeigt uns, dass es etwas weiter noch eines gibt. Auf den ersten Blick scheint auch dies geschlossen, aber irgendjemand ruft den Besitzer an und dieser ist glücklicherweise rasch zur Stelle und gibt uns ein Zimmer und eine geheizte Garage für die Fahrräder. Er hat Freude an Christofs Hut aus Vietnam – und siehe da, am nächsten Morgen kommt er mit einem traditionellen kasachischen Hut für Christof 🙂

Als wir losfahren ist es bewölkt – nach einigen Kilometern setzt Schnee ein. Anfangs nur ein paar Flocken, aber es wird immer mehr. Leider hat der Wind nachgelassen und der Schnee bleibt auf der Strasse liegen. Ein Polizeiauto hält uns an und der Polizist sagt, wir sollen auf dem Kiesstreifen neben der Strasse fahren, da es für uns sicherer sei. Allerdings ist Vorwärtskommen auf dem schneebedeckten Kies viel mühsamer. Jedes mal wenn ein Lastwagen uns überholt sind wir unsichtbar in eine Schneewolke gehüllt.

Während wir beraten was wir am besten tun, hält ein kleiner Bus mit leerem Laderaum und bietet uns an, uns mitzunehmen. Wir müssen nicht lange überlegen und steigen dankbar ein. Es stellt sich heraus, dass Sascha, der Fahrer, aus der Gegend um Nukus in Usbekistan ist und auf dem Weg nach Moskau. Seine Arbeit ist eine Art Zügeldienst für usbekische Gastarbeiter in Russland, die er mit ihren Habseligkeiten wieder zurück nach Usbekistan fährt. Für die Fahrt von Nukus bis Moskau braucht er nur zweieinhalb bis drei Tage (2‘700 km). Zuerst rechnen wir damit, dass Sascha uns in Atyrau rauslässt und wir von da selbstständig nach Oral kommen. Allerdings stellt sich heraus, dass er gleich nach Oral fährt und uns mitnehmen kann. Umso besser und einfacher für uns! Während wir in der geheizten Führerkabine sitzen und dem Schneetreiben draussen zuschauen, sind wir ganz schön froh, dass Sascha angehalten und uns eingeladen hat. Wir kommen an einigen Unfällen vorbei und es ist auch mal spannend auf diese Weise im Verkehr teilzunehmen. Die vorbeiziehende Landschaft verändert sich gegen Norden langsam, es ist nicht mehr nur Wüste, sondern hat ab und zu wieder Bäume. Wir fahren dem Ural-Fluss entlang und sind geografisch gesehen bereits wieder in Europa.

Als Sascha uns in Oral rauslässt (er fährt am gleichen Tag noch weiter nach Russland), ist es bereits dunkel. Da das Hotel vor dem uns Sascha rausgelassen hat, geschlossen ist, wollen wir ins Stadtzentrum radeln um da etwas zum übernachten zu suchen. Allerdings kommen wir nur ein paar Meter und werden von zwei jungen Polizisten angehalten. Sie fragen uns was wir machen und sagen uns, wo das nächste Hotel ist. Sie würden uns dahin begleiten. Wir meinen aber, dass wir dies alleine finden und bedanken uns bei den hilfsbereiten und scheinbar etwas besorgten Herren. Das Hotel ist tatsächlich nicht weit entfernt, aber auch nicht ganz günstig. Trotzdem sind wir froh an der Wärme zu sein und wollen die Polizisten nicht weiter beunruhigen – und wir geniessen das Frühstücksbuffet am nächsten Morgen ausgiebig.

Da wir nicht mit der Fähre nach Aserbaidschan einreisen können, wollen wir beim russischen Konsulat in Oral ein Transit-Visum beantragen um über Land nach Georgien zu gelangen. Da die Visadienste erst am Dienstag aufmachen, haben wir einen Tag Zeit um unsere Unterlagen vorzubereiten. Gut vorbereitet gehen wir ins russische Konsulat und wollen unsere Unterlagen abgeben. Hier heisst es jedoch, dass die zuständige Person krank sei und wir am Donnerstag nochmals kommen sollen. Nun gut, wir warten und gehen am Donnerstag wieder zum Konsulat. Da ist eine andere Person im Konsulat. Der freundliche Herr kann gut Englisch, teilt uns aber mit, dass die zuständige Person auf unbestimmte Zeit, vermutlich noch eine ganze Weile, krank geschrieben sei.

Nach einigem hin und her, E-Mail schreiben, wieder aufs Konsulat und dann zu einer Reiseagentur wird uns mitgeteilt, dass die Prüfung eines Transitvisa durch die Kaukasus Region 15 – 20 Tage dauert. Leider läuft unsere bewilligte Aufenthaltsdauer in Kasachstan aber früher aus. Eine Möglichkeit wäre noch den Zug nach Estland zu nehmen. Nach einem weiteren hin und her teilt man uns jedoch mit, dass es nicht sicher ist ob wir die Fahrräder mit dem Zug mitnehmen können – schliesslich sind dann noch die russischen Feiertage und die Verbindungen fast ausgebucht. Und so, nach langem Hin und Her, entscheiden wir uns schweren Herzens, den günstigsten Flug in den Westen zu buchen – nach Istanbul. Nun geht es schnell, wir müssen Kartonkisten für unsere Fahrräder besorgen und alles gut einpacken.

Weihnachten verbringen wir bei Schneefall in Oral. Allerdings feiern die Leute hier nicht im Dezember Weihnachten. Die Mehrheit der Kasachen ist muslimisch und die Russen, von denen es hier einige gibt, feiern erst im Januar. So gönnen wir uns eine Pizza im Restaurant und freuen uns über die Schneemänner.

Am Tag nach Weihnachten stehen wir pünktlich am Flughafen… na dann, geht’s halt so weiter.

Ein Kommentar Gib deinen ab

  1. Meine Helden!
    Ich hatte ein Freund in Baku von ihnen erzält. Er wollte Sie einladen, aber dann erinnerte er sich das Azerbaijan bis Mai wegens COVID keine leute einreisen lasst. Wie die dass machen für den Klimaconferenz in November is noch nicht klar.
    Gute weiterfahrt!

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