56. Montenegro

Die Einreise nach Montenegro ist noch unspektakulärer als diejenige nach Albanien. Wir erhalten die Pässe ohne Wortwechsel vom Beamten auf der montenegrinischen Seite des Grenzpostens zurück und radeln im schönen Sonnenschein weiter. Schon bald biegen wir rechts von der Hauptstrasse ab Richtung Berge. Schnell wird es so steil, dass wir die Fahrräder schieben müssen. Glücklicherweise hat es einen Brunnen mit frischem Quellwasser auf dem Anstieg und schlussendlich werden wir mit einer fantastischen Aussicht belohnt. Westlich das Meer und im Landesinneren der Skadarsee mit Schneebergen im Hintergrund. Bei dieser tollen Aussicht machen wir Rast, bevor wir auf der Panoramastrasse dem See entlang weiterfahren. Die schmale Strasse ist glücklicherweise fast nicht befahren und so können wir die Aussicht in vollen Zügen geniessen. Durch Kastanienwälder und an vielen Trockenmauern vorbei, radeln wir fast ohne jemanden zu sehen. Montenegro ist hier sehr karg besiedelt, aber das steile Land wurde fleissig terrassiert. Kurz vor Sonnenuntergang stellen wir unser Zelt auf einer der vielen Terrassen auf, geniessen die Ruhe und bewundern die vielen Sterne am Himmel.

Ein paar Kilometer und Höhenmeter geradelt, erreichen wir pünktlich zur Mittagszeit Virpazar. Dies ist unsere erste „Stadt“ in Montenegro und wir können endlich Geld beziehen, denn wir haben keine Euro mehr (interessanterweise die hiesige Landeswährung). Wir gehen in ein Restaurant um zu schauen, was Montenegro wohl für Spezialitäten bietet – direkt am grössten See auf dem Balkan ist dies natürlich Fisch. Beim Mittagessen beobachten wir zwei Hunde, welche jedes vorbeifahrende Auto jagen. Wir bereiten uns bereits mental darauf vor, ebenfalls von den beiden gejagt zu werden. Doch als wir losfahren, rennen die beiden einfach neben uns her, ohne zu bellen oder sonstige Anstalten zu machen. Wir erwarten, dass die beiden bald zu ihrem Stammplatz zurückkehren, aber sie bleiben uns über 20 Kilometer treu. Bergauf sind sie schneller und schauen immer wieder zu uns zurück. Bergab gewinnen wir etwas Vorsprung doch haben sie uns jeweils bald wieder eingeholt. Irgendwann stellen sich ihnen jedoch andere Hunde in den Weg und es geht bergab und so bleiben sie dann doch zurück. Irgendwie sind wir erleichtert, waren wir doch schon am überlegen was wir jetzt mit zwei Hunden machen sollen, aber sie waren doch sehr lustige, treue Begleiter.

Kurz darauf erreichen wir Rijeka Crnojevića. Ebenfalls eine „städtische Siedlung“ – laut Wikipedia zählt sie 175 Einwohner. Hier kaufen wir die Zutaten für unser Abendessen und werden von einer freundlichen Frau gefragt, ob sie uns helfen könne oder wir bei ihr duschen wollen. Wir lehnen dankend ab, denn wir wollen nochmals etwas Höhenmeter abstrampeln, bevor wir unser Zelt aufstellen. So geht es bergauf und wir bewundern die schöne Aussicht auf die verschneiten Gipfel hinter dem Skadarsee und gleichzeitig denken wir schon, dass es schwierig wird in dieser steilen Landschaft einen Platz zu finden der flach genug ist. Doch dann, kurz vor eindunkeln, sehen wir eine schöne, terrassierte Wiese.

Am nächsten Morgen geht es immer noch bergauf. Nach ein paar Kilometern erreichen wir endlich Cetinje, die ehemalige Hauptstadt Montenegros und unsere bisher grösste Ortschaft in dem Land. Wir geniessen die Fussgängerzone und einen Kaffee an der Sonne. Die Museen sind leider geschlossen und so bewundern wir nur das Kloster von aussen und füllen unsere Wasserflaschen am Brunnen davor, denn es geht weiter – natürlich bergauf. Wir treten kräftig in die Pedalen und erreichen zum ersten Mal seit Langem wieder eine Höhe von über 1‘100 Meter über Meer. Nach einer kurzen Abfahrt, einer Fahrt durch eine kleine Ebene und nochmals einem kleinen Anstieg, erblicken wir endlich die Bucht von Kotor – was für eine herrliche Aussicht!

Nun steht eine kurvenreiche Abfahrt an und schon bald stehen wir vor dem mittelalterlichen Stadttor, durch welches wir die charmante Altstadt von Kotor betreten.

Am nächsten Tag radeln wir der Bucht entlang nach Perast. Hier steigen wir in ein kleines Boot, welches uns zu einer weiteren Haupt-Touristenattraktion Montenegros bringt – der künstlich angelegten Insel mit Kirche drauf (Maria vom Felsen). Der Legende nach haben hier Fischer eine Statue Marias auf einem Stein gefunden und so begannen alle nach einer sicher überstandenen Bootsfahrt zum Dank an dieser Stelle einen Stein ins Wasser zu werfen. Über die Jahrhunderte ist daraus diese Insel entstanden, worauf dann die Kirche gebaut wurde. Noch heute lebt die Tradition weiter und immer bei Sonnenuntergang des 22. Juli fahren die Einheimischen mit ihren Booten zur Insel um einen Stein ins Wasser zu werfen und so die Insel zu vergrössern.

Wir radeln weiter der Bucht entlang bis Herceg Novi. Hier geniessen wir einen leckeren, lokalen Weisswein und am nächsten Morgen selbstgemachte Rösti auf der Sonnenterrasse mit Meerblick. Derart gestärkt, geht es nicht mehr lange bis wir aus diesem wunderschönen Land wieder herausradeln – wir haben wirklich jeden Kilometer genossen.

Herceg Novi

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Astrid Huber sagt:

    Hallo ihr Beiden, seit einger Zeit lese ich euren Blog mit grossem Interesse und denke an unsere eigene Velozeit im 81/82nach Spanien und auf den Kanaren. Es ist eifach eine so tolle Reisemöglichkeit, mit so vielen Unvergesslichen Begegnungen und vor allem, auch die Reisegeschwindigkeit ist optimal. Ich wäre auf gar keinen Fall ein Fernwanderer!
    Dieser Erfahrungsschatz wird euch euer ganzes Leben begleiten. Alles Gute weiterhin, möglichst wenige Reifenpannen und dass das Glück (in allen Belangen) eurer steter Begleiter bleibt!

    Alles Liebe

    Astrid Huber

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    1. 2ontheroad sagt:

      Liebe Astrid
      Vielen Dank für die guten Wünsche.
      Frohe Ostern und liebe Grüsse
      Christof und Patricia

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